Der Umstieg auf Mirrorless (DSLM)

Im Oktober 2018 bin ich nach langer DSLR Zeit auf eine spiegellose Systemkamera umgestiegen. Der Hauptgrund war Größe und Gewicht. Schon seltsam, ich habe lange Zeit gebraucht um mir endlich eine Kamera mit Vollformatsensor leisten zu können und nach etwas mehr als einem Jahr steige ich wieder um auf den APS-C Sensor. Ein Rückschritt? Devinitiv nicht!

Meine erste Spiegelreflexkamera war eine Praktika mit M42 Gewinde. Danach folgten in den 80er Jahren eine Minolta XD7 und später der Wechsel zur Nikon analogen F-Serie.  Nach dem Wiedereinstieg mit einer D40 im Jahr 2010, folgten noch eine D5100 und D90. Zu meinem 50ten Geburtstag im Juli 2013 bekam ich eine Nikon D7100 geschenkt. Freunde, Nachbarn, Verwandte und meine Frau hatten zusammengelegt um mir diese Kamera zu schenken. Die D7100 hat mich einige Zeit begleitet. Die meisten der mittlerweile ca. 60.000 Aufnahmen entstanden mit ihr. Irgendwann musste es dann ein Vollformatsensor (FX) sein. Die Nikon D750 war das perfekte Modell für mich. Bedienelemente, Größe, alles wieder bei der D100. Da ich bereits vorher einige Vollformat Objektive an der D7100 nutzte, war der Umstieg relativ einfach und nicht zu kostspielig. Endlich ein Klappdisplay und eine Dynamik die alles was ich bisher kannte in den Schatten stellte. Eine großartige Kamera! Und genau da lag das Problem. Groß und schwer war die Ausrüstung geworden. Ich hab auf Fototouren gern alles dabei. Somit wurde der Rucksack schwer und die Wanderungen in der Natur immer mühsamer. 

2017 und 2018 war plötzlich "Mirrorless" bzw. Systemkamera das große Schlagwort. Sony hat mit seinen Alphas den Markt richtig aufgemischt. Viele bekannte
 "YouTube" Fotografen wie Stephan Wiesner  Ben Jaworsky oder Pavel Kaplun hatten nun eine Sony Alpha in den Fingern.  Spiegellos mit Vollformatsensor, allerdings auch zu einem Premiumpreis. Man benötigt ja alles neu für den Umstieg auf eine Systemkamera.

Einer meiner Lieblingsfotografen und Trainer ist David duChemin aus Kanada. Er legt sehr viel Wert auf Bildgestaltung und Bildaussage, weniger auf die Technik. Ich habe fast alle seiner Publikationen im Craft and Vision Verlag gelesen und kann diese uneingeschränkt empfehlen. Einige seiner Bücher sind auch in deutscher Sprache erhältlich. Nachdem ich David und auch Nicole S Young mit einer Fujifilm Kamera gesehen hatte, begann ich zu recherchieren. Damals kam gerade die Fujifilm X-T2 neu auf den Markt. Viele Tester überschlugen sich mit positiven Bewertungen. Leider wurde auch immer wieder über einen nicht sehr zuverlässigen und teilweise recht langsamen Autofokus berichtet. Auch der "Rückschritt" von Vollformat auf APS-C ließ mich zögern. Ziel war eine kleinere und leichtere Ausrüstung mit trotzdem  exzellenter Bildqualität. 

Auf dem Angebotstisch der Elektronikkette mit dem roten Logo, habe ich dann eine Olympus O-MD E-M10 MKII gefunden und ausprobiert. Eine wunderbare kleine Kamera mit leider auch kleinem Micro Four Thirds Sensor. Die Bedienung ähnelte der Nikon, nur alles viel kleiner. Zum mitnehmen auf Radtouren ideal, aber eine komplette zweite Ausrüstung mit Normalzoom, Tele und Makro zulegen?  Zudem liegt der MFT Crop Faktor bei 2x. Dies hat schon einen gewaltigen Einfluss auf die Schärfentiefe und die Belichtungszeiten. Ein Ersatz für die D750 war sie in keinem Fall. Als Zweitkamera oder für den gelegentlichen Einsatz auf Reisen und natürlich der Streetphotography, ist sie ideal.

Im Oktober 2018 kam dann die Fujifilm X-T3 in die Geschäfte. Da sich das Fujifilm Bedienkonzept sehr stark von Nikon unterscheidet und die Kamera ein paar Taler kostet, habe ich mir für eine Woche eine X-T3 mit dem XF18-55 bei Gearflix gemietet. Bestellung und Lieferung funktionierten tadellos. Die Kamera kam sogar drei Tage früher, so dass ich etwas mehr Zeit zum testen hatte. Gut zwei Tage brauchte ich um das Konzept und die wichtigsten Bedienelemente zu verstehen. Die Kamera und vor allem auch die Tasten sind wesentlich kleiner als die der D750. Meine Hände sind ganz sicher nicht klein, ich konnte jedoch innerhalb kürzester Zeit meine Finger in die korrekte Richtung bewegen. Den Joystick zusätzlich zum Tastenkreuz empfinde ich als sehr angenehm. Die Auswahl de Autofokusfelds oder die Einstellung des Weissabgleichs funktioniert mit dem Stick fantastisch gut. Die Kamera verfügt über eine große Anzahl an frei konfigurierbaren "Fn" Tasten. Sogar die beiden Wahlräder lassen sich für den Druck darauf belegen. Einzig mit der AE-L und der AF-L tue ich mich aufgrund der Position und Größe ein wenig schwer. Dies ist einer der Gründe warum ich den Backbutton Fokus bei dieser Kamera bisher nicht nutze.

Die erste Fototour habe ich in meiner neuen Heimatstadt Limburg an der Lahn gemacht. Mit dem XF 18-55 2,8-4 ist die Kamera wunderbar klein und leicht. Der elektronische Sucher ist eine Wucht. Hochauflösend, hell und ebenfalls voll konfigurierbar. Ich habe zu keiner Zeit meinen optischen D750 Sucher vermisst. Das Bedienkonzept verlangt jedoch am Anfang einiges an Konzentration und umdenken. Es gibt weder eine Einstellung  AV oder A noch T oder TV.  Bei der XT-3 und den meisten XF Objektiven wird die Blende, wie früher zu analogen Zeiten, am Objektiv-Blendenring eingestellt. Für Zeit und ISO hat die Kamera extra Wahlräder. Die jeweilige Automatik ergibt sich aus der Stellung der drei Einstellungen (ISO, Zeit und Blende). Stehen alle auf A, arbeitet die Kamera in Vollautomatik. Dies wird im Sucher mit einem P angezeigt. Steht die Zeit auf A und der Blendenring auf einer Blendenzahl, steuert die Kamera die Zeit zur vorgewählten Blende hinzu. Im Sucher wird A für Blendenvorwahl angezeigt. Entsprechend funktioniert das auch mit vorgewählter Zeit (also Zeitrad <> A) und Blendenring auf A. Die Kamera wählt zur vorgewählten Blende eine passende Zeit. Im Sucher wird dies durch ein S angezeigt. Werden sowohl Zeit als auch Blende vorgewählt, zeigt die Kamera ein M für den manuellen Modus im Sucher an. Ich fotografiere meist mit Blendenvorwahl (Zeit und ISO auf A, Blendeneinstellung am Objektiv).

Das größte "AHA" Erlebnis hatte ich im Dom. Verschlusszeiten von 1/10 Sekunde und ISO 3200 hätte ich mit der Nikon D750 nicht mit der Hand halten können. Die Fotos der X-T3 sind knackscharf und rauscharm. Noch während der Gearflix Testphase habe ich meine komplette Vollformatausrüstung inseriert und zu einem annehmbaren Preis verkauft. Ich hatte Glück einen Käufer zu finden der, just zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach einer solchen Komplettausrüstung war. 

Mein Fazit:
Ich bin sehr glücklich diesen Schritt gemacht zu haben. Nur selten vermisse ich die geringere Schärfentiefe des Vollformatsensors. Die größer Knöpfe der Nikon fehlen mir schon häufiger :) Das Rauschverhalten verglichen mit der D750 ist für mein Empfinden nicht schlechter. Die Bildqualität empfinde ich besser, oder anders gesagt, mir gefallen die Farben und die Bildschärfe besser. Die Objektive, insbesondere der OIS (Bildstabilisator), sind von einer herausragenden Qualität. Mit der X-T3 produziere ich kaum noch "technischen" Ausschuss. Im kommenden Frühjahr muss der AF bei der Vogelfotografie zeigen was er kann. Derzeit nutze ich die X-T3 mit dem XF18-55 2,8-4,0  und dem XF55-200. Als Makro Ersatz kommt der Raynox DCR250 Achromat zum Einsatz. Was mir noch fehlt ist ein lichtstarkes Portrait Objektiv. Vielleicht das XF56 1,4 oder doch das Makro XF80 2,8.